Donnerstag, 26. August 2010

umami. eine liebeserklärung an den fünften geschmack.

glutamat spaltet die gemüter. es wird von denen verteufelt, die ihm nervenschädigende eigenschaften zuschreiben. nur wenigen ist bewusst, dass unser körper selbst lebenswichtiges glutamat produziert und es auch ganz natürlich in vielen lebensmitteln vorkommt, die eben dadurch so wohlschmeckend und unverzichtbar für uns sind. kann es zu überdosierungen kommen wenn man auf hohe mengen künstlichen glutamat verzichtet, aber dafür aus den vollen quellen des natürlichen glutamats schöpft?

hannah und ich beschlossen also ein fest zu ehren des fünften geschmacks zu veranstalten und fünf gäste, die verschiedener kaum sein können, zu verwöhnen mit einem dinner, das umami in seiner reinsten form verspricht.

um unser umami- fest zu planen machten wir uns im internet auf die suche nach den größten glutamat-bomben der welt. es wurde verglichen, lebhaft diskutiert, mutig kombiniert und fabuliert. so entstand ein menü mit der kulinarischen fusion zweier welten:

konbu-venusmuschel-suppe

mit tofu, enokipilzen, frühlingslauch
und frittiertem stint
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vietnamesischer gedämpfter reispudding
mit gerösteten crevetten
und schnittlauch
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amuse gueule von serranoschinken
mit ziegenfrischkäse und himbeeren

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umami rindsburger mit tomaten, parmesan,
sardellen
und frittiertem salbei
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shïtakepilze gedämpft in teriyaki

mit forellenfilets und gepökeltem schweinebauch

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limonen-thymiansorbet

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blauschimmel-pralinen

mit karamelisierten walnüssen
und birnen-ingwer chutney
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rote curryküsse
mit schlagrahm
und mango

dampfende schälchen mit genmaicha gingen um. der sanfte grüne tee bot die perfekte einleitung zur kombu-suppe. die venusmuscheln öffneten sich wie kleine orchideen in der heißen dashi- brühe, die drei stunden mit den kombualgen vor sich hin simmerte. der geschmack weckte die erinnerung an eine salzige meeresbrise und war doch angenehm zurückhaltend, obwohl wir mit dem kombu nicht gegeizt hatten. wir freuten uns über den zartkörnigen rogen, der reichlich in den kross frittierten salzigen stints vorhanden war.



ohne atempause ging es weiter mit einem winzigem schälchen banh beo, einer zentralvietnamesischen spezialität, die zuvor in eigens dafür angefertigten stahlförmchen gedämpft wurde. in der bernsteinfarbenen, feurig scharfen fischsauce schwammen hauchdünne reisteigplätzchen mit der reinheit von lotusblütenblättern, gekrönt von einer wolke gerösteten crevetten und hauchfeinem schnittlauch.



wir servierten unseren gästen den umami-burger, die ultimative verbindung der glutamathaltigsten ingredienzen: rindfleisch, tomaten und parmesan. wir bissen uns durch knusprig getoastetes, selbstgebackenes brot, aromatische salbeiblätter, black-prince tomaten, schmelzige selbstgemachte mayonaise mit einem hauch sesamöl, geschmorte kirschtomaten mit fruchtiger süße und dem gereiften parmesan, um endlich auf den saftigen burger zu stossen, medium rare gegrillt. das geheimnis, das ihn so intensiv fleischig und unwiderstehlich machte, war die zugabe von zehn gesalzenen sardellen und einem guten schuss fischsauce.



nach dem amuse gueule und dem erfrischendem zitronensorbet mit der zugabe von thymian und kaffirlimettenblättern folgte eine komposition aus butterzartem sousvide gegartem, und anschließend 48 stunden in fischsauce und zucker gepökeltem schweinefleisch, gedämpfte forellenfilets, in soyasauce geschmorten shiitakepilzen und knackigen frühlingzwiebeln. die zarten saftigen texturen von fisch, fleisch und pilzen gingen unter dem schleier der salzigsüßen teriyaki-reduktion eine wundersame fusion ein.







das doppelte dessert wurde eingeleitet durch die kombination zweier blauschimmelkäse, dem schmelzig-cremigen saint augur und würzig-scharfen roquefort, umarmt von zwei karamellisierten walnusshälften auf einem bett aus birnen-ingwer-chutney. am tisch wurde gescherzt, dass dieses gericht doch an die achtziger jahre cocktailpartys erinnern würden. dank des ingweraromas bekam das klassische bouquet der geschmäcker eine frische note.



die rosa curry-küsse wurden mit einem von mir selbstgemischten roten dessertcurry aus kurkuma, koriandersamen, kumin, anatosamen, ingwer, chilipulver und bockshornklee gewürzt. beim reinbeißen in die pavlova baisers zerbrach knackend die eierschalenartige schale und der kuss entfaltete seine doch gar nicht so unschuldige wirkung. innen cremig, durchströmten unterschiedlichste gewürze den mund. die betörende süße der reifen pakistanischen mangos und die pfeffrige note der rosa beeren machten das dessert zum abschluss dieses abends zu einem sinnlichen abschiedkuss.



fazit der gäste zum schluss: es war ein wahres geschmacksfest, alle sind mit neuen eindrücken und geschmacksüberraschungen bombardiert worden, und trotzdem fühlt sich niemand voll oder von der allgemeinhin bekannten glutamatträgheit befallen. immerhin hatte jeder gast insgesamt 10000 mg pures glutamat zu sich genommen.

glutamat ist zwar nicht schädlich - sowohl künstlich als auch natürlich, trotzdem: wer braucht schon das abendessen mit billgen geschmacksboostern wie maggifix oder vegeta nachzuwürzen, wo es die natur doch reichlich für uns vorgesehen hat?

bei interesse schreibt mich unter input(at)bureaublanc.de an, ich schicke euch gerne eine pdf mit allen rezepten und dem bericht vom abend.

8 Kommentare:

  1. Boah, ganz großes Kino, toll! Die Mail mit der Rezeptanfrage ist schon unterwegs.

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  2. Wunderschönes und pfiffiges Menü!
    Gegen natürliches Glutamat spricht ja gar nichts. Man kann es ja kaum überdosieren - ausser man isst 500 g Parmesan pur ;-)
    Aber gegen künstliches Glutamat spricht alles. DAs braucht man nicht. So wie natürliche Vitamine auch viel viel besser resorbierbar als künstliche sind.

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  3. OOOOOOMMMMMMMGGGGG
    bei diesen Bildern gehe ich wirklich in die Knie. Unglaublich wieviel Liebe, Hingabe und Begeisterung dieses Essen ausstrahlt!
    I love it!
    Olga

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  4. Ein großes Menue, in der Tat. Ich kann das beurteilen, ich saß nämlich mit am Tisch. Dafür dankt nochmals, der Aufgabensteller.

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  5. @Eline
    Tut mir leid es zu tun, aber ich muss diese Frage stellen, auch wenn der Beitrag diese Diskussion nicht verdient hat.
    Was ist für dich künstliches Glutamat, was ist natürliches Glutamat, was ist der Unterschied zwischen künstlichem und natürlichem Glutamat?

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  6. Hallo Ly,

    darf ich fragen, ob du das Blog eingestellt hast? Ich finde deine Fotos einfach toll und lese auch gern deine Hintergrundinformationen zu den vietnamesischen Speisen. Es wäre wirklich schade, wenn du es nicht fortführen würdest.

    Viele Grüße
    bunzel

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  7. Tolles Umami Experiment/Menü und tolles Blog! Leider erst jetzt gerade zufällig entdeckt.

    Nur kurze Randnotiz, ohne hoffentlich als Spielverderberin aka Oberlehrerin aufzufallen, aber künstliches Glutamat ist zweifelsohne schädlich. Bei anders lautenden Untersuchungen sollten mal die Auftraggeber/Geldgeber im Hintergrund etwas näher inspiziert werden ;-)

    Aber Du sagst es und hast es wunderbar vorgemacht, die Natur hat reichlich natürliche Glutaminsäure für uns reserviert.

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