Samstag, 27. August 2011

vietnam food report - hue










ohne chronologisch zu ordnen, beginne ich mit zentralvietnam. wer meinen blog etwas mitverfolgt, hat mitbekommen, dass meine wurzeln in hue und umgebung liegen und mein kochstil sich stark an dieser mentalität orientiert.

die stadt liegt auf dem schmalsten streifen vietnams und zieht ihre lebenskraft aus dem huong giang (fluss der düfte) und den dichtbewachsenen wäldern und bergen im rücken. die feinsinnigkeit der hueaner erklären sie mit der starken traditionverbundenheit und den zeremonien des kaiserhofes. die menschen sind zurückhaltend, kulturliebend und haben teilweise sehr konsevative, strenge vorstellungen vom leben. selbst während der hungerkatastrophen und dem wütenden krieg bewahrten sich die alten familien, obgleich mit amt am hofe oder als einfache bürger, ihr feinschmeckertum und den sinn für raffinierte darbietung des essens. man isst hier niemals des hungers wegen und verschlingt keine rohen materialien, sondern bereitet zeitaufwendig kleinstportionen von salaten und speisen zu.

zu dem fantastischen repertoire der hue-küche gehören kleine gedämpfte reiskuchen (siehe meinen eintrag zu banh beo), in bananen-/betel-/lotusblätter gewickelte köstlichkeiten, die fast an jedem kleinen essstand auf einen warten, an die fünfzig verschiedenen scharfen fischpasten, saure salate mit mindestens zehn komponenten und eine fülle an frischen kräutern, die zu jedem essen gereicht werden. grillgut und fleisch werden in seidige, gedämpfte reispapiere ganz nach wunsch mit kräutern gewickelt und in eine würzigen sauce getunkt.

so kunstvoll die speisen auch aufgetischt werden, die zutaten sind sehr einfach bis abenteuerlich. die vegetation gibt eine fülle an kräutern und gemüsen her, ist aber in manchen zeiten etwas knapp mit fleisch und fisch. man nutzt hier noch sämtliche teile des schweins, wichtiger bestandteil ist der der speck und die haut, damit werden die geschmeidigen, leicht säuerlichen fleischpasteten namens nem chua gemacht, die nur durch leichte fermentation garen. oder auch die haut, gekocht in dünne zesten und mit meersalz und riz moulu gemischt, als unverzichtbares element der grillfrikadellen nem lui. pingelige europäische gemüter werden hier etwas pikiert sein, aber wenn man nicht genau nachfragt, wird man weder sehen noch schmecken, dass man soeben ein schweineschnäuzchen in der suppe hatte. zur allgemeinen beruhigung, hueaner sind sehr hygienisch im umgang mit ihren zutaten, und hund oder katze zu verspeisen, hällt man hier für babarisch.



wir aßen auf dem dong ba zentralmarkt inmitten schreiender verkäufer, zappelndem getier jeglicher art in käfigen und zum anschneiden dicker luft. es gab reisnudeln mit gekochtem schweinskopf und der speziellsten fischpaste hue, der mam nem. das esserlebnis schwankt zwischen faszination und leichter angst, denn niemand weiß genau, wie lange diese pasten vor sich in der sonne hingärten und ob unsere mägen dafür geschaffen wurden. aber wir überstanden es ohne jegliches unwohlsein. anschließend gab es als belohnung dazu eine herrlich erfrischende che thap cam (eine art kaltschale) zum nachtisch, die neben exotischen obststückchen tapiokaperlen, agar agar-wackelpudding, karamelisierte sojabohnen und eis enthielt und limonade aus gesalzenen limonen.



ein ganz besonderes erlebnis war unser besuch bei einem restaurant namens »ba do«, frei übersetzt die »rote alte dame«. in der sengenden mittagshitze schleppten wir uns fast drei kilometer aus der altstadt hinaus, nachdem ich versucht habe, sämtlichen taxi- und cyclofahrer, die uns auf unserem weg begleiteten, die besten stände für einheimischen reiskuchen zu entlocken.

es war die ruhezeit des tages, und so sprachen uns selbst die sonst fast schon aufdringlichen motorradtaxifahrer nicht an und schliefen lieber gemütlich im schatten, auf hängematten oder skurril über ihre roller drapiert. das restaurant lag versteckt in einer ruhigen strasse und war nur noch von drei, vier andere gäste außer uns besucht. die garküche lag hinten auf dem hof. dichter, nach frischem reismehl duftender nebel drang aus ihr hervor. fünf frauen saßen auf winzigen holzschemeln und dämpften auf bestellung die küchlein für uns.





wir bestellten banh beo (gedampfte reismehlcrepes in rosenblattgröße mit gerösteten schrimps und schnittlauch), banh nam (in bananenblatt gepresste schmale klebreisstreifen mit einer füllung aus baumohrpilzen, flusskrebsfleisch und speck), banh bot loc (glasiger tapiokateig, gefüllt mit einer garnele, röstzwiebeln und einem stück gegrillten schweinebauschfleisch), banh it ram (gedämfte klebreiskügelchen, gefüllt mit hackfleisch, pilzen und schrimps auf einem knusprigen frittierten sesam-reisteigplätzchen), nem lui (butterzarte paste aus fleisch-knoblauch-röstreispulver und speck, um ganze zitronengrasstengel gewickelt und über kohle gegrillt) und zwei der regionalen eiskalten biere namens biere larue.



es wurden aus ein paar sehr einfachen zutaten das beste essen unserer ganzen reise zubereitet. alles schmeckte nach diesem so vietnamesischen prinzip der harmonie zwischen würzigen, herzhaften, sauren, scharfen und süßen noten. extrem spannend waren die verschiedenen konsistenzen, die reismehlteig zu erreichen vermag und auch das größte geheimnis in der zubereitung mancher traditionsgarküchen. wir waren nach diesem erlebnis derart überwältigt, das fast alles, was danach in hue auf den tisch kam, im vergleich nur noch wie eine kopie wirkte.

3 Kommentare:

  1. Staunen, Entzücken und auch ein bisschen Neid!

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  2. warte ja chon lange darauf, dass du wieder mal postest. und dann gleich so schön - für mich eine wunderbare reise im kopf, danke sehr!

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  3. Verzückung! Auch ich habe Hue als die kulinarisch spannendste Stadt Vietnams in Erinnerung. Danke für Deine Gedächtnisauffrischung!

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